Die Sache mit den Rosen…
Also, eigentlich hatte ich in meinem bisherigen Gartenleben mit Rosen ja nicht allzuviel am Hut – zu stachelig, zu spießig. Letztes Jahr allerdings hat der Buchsbaumzünsler in unserem Garten einen Kahlschlag hinterlassen. Und das hat alles verändert. Wahrscheinlich hat es mit den Vorgärten meiner Kindheit zu tun. Da standen sie, in einem fein säuberlich aus dem Rasen ausgestochenen Rechteck, meist in Dunkelrot und Knallgelb nebeneinander. Und wenn einem mal beim Spielen der Ball reinflog, dann wurde man erstens zerkratzt und zweitens ausgeschimpft. Keine optimalen Startbedingungen also für meine Beziehung zu Rosen, zumal ich die Gelb-Rot-Kombination auch schon damals ausgesprochen unschick fand. Und so habe ich in den letzten Jahrzehnten zwar immer gegärtnert, die Rosenabteilung aber links liegen gelassen. Bis 2014 – eigentlich durch eine mittlere Katastrophe – plötzlich der Platz dafür entstand.
Tschüss Buchsbaum, Hallo Rosen!
2013 kam bei uns in Niederösterreich die erste Invasionswelle von Buchsbaumzünslern an. Bis wir so richtig kapierten, was hier eigentlich los ist und wie intensiv man diese Raupen bekämpfen müsste, hatten sie schon große Teile unseres Buchsbaum-Rondeaus angefressen. Im Frühjahr 2014 wurde klar, dass etwa 10 Büsche am Weg und rund um den Natursteinbrunnen definitiv tot waren. Ein trauriger Anblick. Aber auch ein Stück Erde, dass bis zum Nachmittag herrlich Sonne hatte und deshalb nach einer Idee schrie. Rosen? Vielleicht doch – Rosen? Ein billiges Stöckchen im Supermarkt um die Ecke gab den Ausschlag. Das Bild der Blüte auf der Verpackung verführte mich – ein zarter Rosa-Crémegelb-Verlauf, die pure Lieblichkeit. Dazu vielleicht die Marienglockenblumen kombinieren, die ich seit ein paar Jahren so hätschle? Dann entdeckte ich eine frische Rosenlieferung in meiner Stammgärtnerei. Sahniges Hellrosa, Elfenbein mit pinkem Rand, Dunkelrosa gefüllt – ich kaufte und kaufte. 10 Stück in Summe. Dazu noch sechs Lavendel. Drei Wiesensalbei, damit das ganze mehr wildromantisch und weniger ordentlich wird. Dazwischen setzte ich Sandsteine und weitere Lieblingsblumen von mir: junge Bartnelken, Akelei, Fingerhut und jene Sorte Salbei, deren Blätter man als Tee und Würze verwenden kann. Nach ein paar Wochen sah die Rosen-Salbei-Lavendel-Kombination schon ganz manierlich aus. Bis auf ein paar Kleinigkeiten wie die Ackerwinde, die sich ihre vorherige Rank-Symbiose mit den Buchsbäumen hartnäckig wieder holen wollte. Und die diversen Pilzkrankheiten, die sich die Rosen aus ihrer Aufzuchtsanstalt mitgebracht hatten. Braune und gelbe Flecken auf den Blättern, plus da und dort erste Anzeichen von Mehltau. Ich lernte: Wer Rosen hat, hat auch Pilzspray.
Die Rosen und ihr erster Sommer
So verging der allererste Sommer. Ein paar Blüten kamen, aber man sah den Rosen an, dass sie mehr mit ihrer Akklimatisierung beschäftigt waren als mit dekorativ Sein. Der ewig lang milde Herbst 2014 brachte dafür eine unheimliche Begegnung der dritten Art: Blühende Rosen zu Weihnachten. Als die pinke Piaget-Rose und die gelbe, gefüllte drei Tage später von der Wetterfee dann doch ein Schneehäubchen aufgesetzt bekamen, dachte ich nur: „Na, Gottseidank können die jetzt endlich mal in die Winterruhe gehen…“ Nach dem Jäten, Düngen und Zurückschneiden Anfang des heurigen Jahres wurde es spannend. Waren die Wurzeln gut angewachsen, die Pilzkrankheiten besiegt? – Ja, sie waren es. Und als die Kombination aus bunten Bartnelken, den schnapsglasgroßen Kelchen der Glockenblumen und Rosen aufblühte, sah es aus, als ob im Beet wochenlang eine Märchenhochzeit gefeiert werden würde. Bienen und Hummeln summten begeistert um den Salbei, Düfte mischten sich. Die Rosenpremiere war der volle Erfolg, das Ödland des Vorjahres zum schönsten Platz im ganzen Garten geworden. Ich persönlich habe – neben der Sache mit dem Pilzspray – zwei Dinge durch die Rosen gelernt. Erstens, dass sogar der Kahlfraß eines Buchsbaumzünslers schlussendlich etwas ganz Tolles bewirken kann. Und zweitens, dass man sich von den Vorgärten-Traumata seiner Kindheit rechtzeitig befreien sollte …
Dieser Text stammt von Karen Müller. Für die Wiener Bloggerin und Gartenfreundin geht mit ihrem eigenen Rosenbeet doch noch ein Traum in Erfüllung. Vom kahlen Eckchen, wo vorher Buchsbäume standen bis zur blühenden Oase in frischen Farben – alles anhand von Fotos dokumentiert . Mehr von Karen Müller gibt es übrigens hier.